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Verlag vs. Selfpublisher – Aufräumen mit Vorurteilen

8. September 2021

Immer öfter stolpere ich mittlerweile auf Bookstagram über folgende Sätze:

„Selfpublisher*innen können nichts“,
„Selfpublisher*innen haben mega viel Freizeit“
„Selfpublisher*innen verzeiht man Fehler echt selten“
„Verlage sind doch sowieso viel besser, wieso gehst du da nicht hin?“

Und viele weitere Sätze, die ihr sicherlich auch schon mal alle gehört habt. Immer mehr Selfpublisher*innen erheben die Stimme dagegen. Und das ist auch gut so.
Dieser Artikel soll mit Vorurteilen über Selfpublisher*innen aufräumen. Denn es gibt hier kein schwarz und weiß, kein gut oder böse. Beides hat seine Daseinsberechtigung und ich hoffe, wenigstens bei ein paar Leuten mit diesem Artikel Klarheit zu verschaffen.

Fangen wir klein an. Was ist der Unterschied zwischen Verlagsautor*innen und Selfpublisher*innen? Zunächst einmal schreiben natürlich beide ein Buch. Da hört die Gemeinsamkeit jedoch schon auf.
Während Verlagsautor*innen ihr Baby vertrauensvoll in die Hände anderer legen, die sich dann um Lektorat, Korrektorat, Marketing und mehr kümmern, müssen Selfpublisher*innen selbst nach Lektoren suchen, selbst Marketing betreiben. Dabei sind die Kosten ein wesentlicher Punkt. Während Verlagsautoren so gut wie keine Mehrkosten haben, müssen Selfpublisher*innen alles aus eigener Tasche bezahlen. Floppt das Buch, hat man Verluste gemacht, die nicht wieder reinzuholen sind. Und billig ist es wahrlich nicht, so ein Buch auf den Markt zu bringen.
Zumal es auch gar nicht so einfach ist, in einen Verlag hineinzukommen. Vor allem nicht in große Verlage. Viele unterschätzen gerne, wie hart diese Branche wirklich ist.

Wie genau es dazu kam, dass Selfpublisher*innen so zerfetzt werden, weiß ich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass einem einzelnen Menschen nichts zugetraut wird, anders als einer scheinbar professionellen Firma. Dabei gibt es Selfpublisher*innen von denen sich so mancher Verlag noch etwas abschauen kann.
Auch Selfpublisher*innen wohnt eine gewisse Professionalität inne.

Man sollte hier auf dieses schwarz-weiße Denken verzichten. Auch Verlagsbücher haben oft Rechtschreib- oder Grammatikfehler. Auch Verlagsbücher können schlecht geschrieben sein. Auch Verlagsbücher kommen nicht immer gut an.
Es gibt wirklich genug Skandale um Verlage und ich selbst habe ich schon diverse Erfahrungen gemacht oder Dinge aus Verlagen mitbekommen, die nicht gut liefen. Verlag bedeutet nicht immer gleich Professionalität oder die Garantie auf Qualität. Zumindest nicht mehr oder weniger als ein Selfpublisher an den Tag legen kann.

Hinzu kommt, dass es gar nicht so einfach ist, in einen Verlag zu kommen, wie viele es sich scheinbar vorstellen. Da gehört ne große Portion Glück dazu. In einen großen Verlag zu kommen ist nochmal ne Ecke schwieriger als in einen Kleinverlag zu kommen, weil Großverlage meist nur über Agenturen oder Ausschreibungen Manuskripte annehmen. Alles Punkte, die es zu berücksichtigen gilt, wenn man sich eine Meinung über Selfpublisher*innen bildet. Der ein oder andere hat es nämlich schlichtweg nicht geschafft, in einem Verlag unterzukommen. Oder musste vom Verlag weggehen, weil etwas nicht gut lief. Auch hier kenne ich genug Beispiele von Autoren, bei denen das so ist.

Natürlich fordert Selfpublishing deutlich mehr Disziplin und Ordnung, als man als Verlagsautor an den Tag legen muss. Ich möchte Verlagsautoren nicht schlechtreden, um Gottes Willen. Ich möchte damit nur sagen, dass man als Selfpublisher sein eigener Verlag ist und alles, was in einem Verlag von verschiedenen Schnittstellen und Personen erledigt wird, alleine machen muss.
Das heißt, wenn ein Autor diese Disziplin, das durchzuziehen und einigermaßen gut zu machen, nicht hat, ist klar, dass das Buch floppt. Hinzu kommt noch, dass man eine gute Geschichte abliefern muss. Aber ob eine Geschichte gut oder schlecht ist liegt am persönlichen Geschmack der jeweiligen Leser, nicht daran, ob man Selfpublisher*in ist oder Verlagsautor.

Ich kenne einen Haufen guter Selfpublisher*innen, die es nicht verdient haben, mit denen, deren Bücher vor Fehlern strotzen, über einen Kamm geschoren zu werden.
Christin Thomas. Sarah Nierwitzki. Mirjam Wicki. Sophie M. Seller. Michael Hirtzy. Marah Woolf. P. J. Schreiber.
Um nur ein paar zu nennen. Sicher fallen euch noch weitere Namen ein.
Und nochmal: Fehler passieren. Sowohl Verlagen, als auch Selfpublisher*innen. Ein Rechtschreibfehler wird in einem Verlagsbuch gerne mal überlesen. Bei Selfpublishern wird ein einzelner Fehler als Richtwert genutzt, ob das Buch gut oder schlecht ist. Das ist niemandem gegenüber fair und deshalb plädiere ich darauf, dass dieses Bild geradegerückt wird.

Ein Verlagsbuch kann genauso gut oder schlecht sein wie das eines Selfpublishers. Denn am Ende stehen überall Menschen dahinter, die Fehler machen und nicht perfekt sind. Nicht das Label Verlag gibt Garantie, dass ein Buch gut wird. Sondern die Menschen, die dahinter stehen. Autor*innen mit ihren Ideen. Lektor*innen, die ihre Aufgabe ernst nehmen. Coverdesigner*innen, die nicht nur zwei Bilder übereinander legen sondern sich Mühe mit dem Kleid des Buches machen.

Denkt dran: wir sind alle bloß Menschen. Auch hinter einem großen Verlag stehen nur Menschen. Vielleicht sollten diese Vorurteile gegen Selfpublisher*innen noch einmal überdacht werden. Und vielleicht sollte nicht jeder Selfpublisher gleich verdammt werden, nur weil er Selfpublisher ist.

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