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Unterberg, Kathi – Vier Tage und drei Nächte

23. März 2021

Allgemeines

Titel: Vier Tage und drei Nächte
Verlag: Staub & Papier
Autor*in: Kathi Unterberg
Meine Genre-Einordnung: Freihistorische Romanze, spielt im Jahr 1910
Seitenzahl: 391 Seiten (Print)
Kapitel: keine nummerische Einteilung
Perspektive: Personaler Erzähler, Sicht von Elsie und Max
ISBN: -wird nachgetragen-
Preis: -wird nachgetragen-

Allgemeine Meinung

Herzensbuch

Dankeschön an Kathi Unterberg, die mir dieses Exemplar zur Verfügung gestellt hat.

Rezension

Achtung, die Rezension kann Spoiler enthalten!

Dieses Buch erzählt die Geschichte von Elsbeth und Maximilian, die beide ihre Päckchen zu tragen haben und dennoch irgendwie zueinander finden. Auf einer beinahe magischen Reise nach Budapest und zurück merken sie, dass sie einander doch mehr bedeuten, als sie anfänglich zugeben wollen und müssen sich nach dieser Erkenntnis mit diversen Außenumständen herumschlagen.

Zuerst einmal möchte ich sagen, dass der Schreibstil einen in eine völlig andere Welt eintauchen lässt. Er erzeugt cozy Wintervibes, dank denen man sich am liebsten mit einer heißen Schokolade mit Marshmallowtopping und einer dicken, flauschigen Decke vor einem Kamin zusammenrollen möchte. Das Buch fühlt sich an wie eine sanfte Umarmung, ein lauer Sommerwind, das Knacken eines Feuers und das Geräusch von Regentropfen auf einem Dachfenster. Es fühlt sich ein bisschen an, als würde man nach einem langen Tag nach Hause kommen und von seliger Wärme und Ruhe empfangen werden.
Zugegeben, am Anfang viel es mir etwas schwer, mich einzufinden und die langen Sätze zu entwurschteln, die Figuren zu greifen und der Geschichte zu folgen. Doch nach etwa 50 Seiten hatte mich das Buch gepackt und nicht mehr losgelassen.

Kathi zeigt uns geschickt mit den Augen von Elsie und Max, wie unterschiedlich Wahrnehmung doch sein kann. So ist Elsie für Max zu Anfang praktisch unsichtbar, er nimmt sie kaum wahr, weiß vermutlich nicht einmal von ihrer Existenz und flirtet mit dem Hausmädchen, was ihm später noch zum Verhängnis wird.
Elsie hingegen ist absolut und unwiderruflich in Max verliebt, umso verletzender ist es, dass er sie nicht sieht. Doch eines Abends, ganz plötzlich, macht er ihr einen Heiratsantrag, beinahe aus dem Himmelblauen heraus. Dies kommt sowohl für Elsie, als auch für den Leser sehr überraschend.
Elsie denkt gar nicht daran, diesen Antrag anzunehmen, hat er sie doch zuvor nicht einmal wahrgenommen.
Doch weil Max verzweifelt ist und sein Sekretär ihm auf äußerst eindringliche Weise klarmacht, dass er dringend eine Frau braucht, um sein Problem endlich in den Griff zu bekommen, muss eben Elsie herhalten.
Als diese den Antrag jedoch ablehnt, reist er alleine ab.

Und hier kommen wir schon zu einem Knackpunkt, den ich aus Elsies Sicht leider nicht nachvollziehen konnte: Trotz der offensichtlich fehlenden Wahrnehmung, ganz zu schweigen von Liebe, reist sie Max hinterher, weil sie einer Eingebung folgend doch mit ihm nach Budapest möchte. Ich konnte nicht nachvollziehen, wieso sie plötzlich so erpicht darauf war, einem beinahe unbekannten Mann zu folgen. Hier wäre dann der zweite Knackpunkt: Max ist jahrelang schon mit Elsies Vater befreundet, weshalb Elsie sich einbildet, Max zu kennen. Was ja aber nicht so wirklich der Fall ist.
Max hingegen ist sehr froh dass Elsie mitreist, kann sie so doch seine Schlafprobleme kurieren. Max schläft nämlich nicht besonders gut, wenn er alleine ist. Dies ist auch der Grund, wieso sein Sekretär ihm dringend eine Frau ans Herz legt. Denn er kann schließlich auch nicht ewig auf Max aufpassen.
Weil sie sich aber immer noch weigert, Max zu heiraten, macht er ihr ein Angebot: Wenn sie mitreist und sich am Ende nicht dazu bereiterklärt, seine Frau zu werden, schenkt er ihr 50 Pfund. Elsie, völlig überzeugt davon, den Heiratsantrag nicht anzunehmen, ist sich ihrer Sache sicher.

Was beide jedoch nicht ahnen ist, dass Elsie zugibt, ihn doch heiraten zu wollen (zunächst auch, wenn Max sie nicht lieben sollte) und Max sich eingestehen muss, dass er sich in diesen Wirbelwind von Frau nun doch verliebt.
Zwar beharrt er eine ganze Weile darauf, dass dies nach einem Tag nicht sein könne, Fakt ist aber, dass seine Gefühle dennoch da sind.
Ich persönlich sehe hier das Problem, dass Verliebt-sein, zarte Gefühle und Liebe sehr häufig verwechselt werden. Ich würde in einem solchen Kontext noch nicht von Liebe reden, die beiden verbringen kaum vier Tage miteinander und Max gesteht ihr schon, dass er sie liebt. Dennoch hat mich dies erstaunlicherweise nicht so sehr gestört, wie bei anderen Büchern. Ich kann euch auch genau sagen, woran das liegt:
Sowohl Elsie als auch Max wägen sehr viel ab. Sie sind tiefsinnige Charaktere, die viel nachdenken und sich vor allem unterhalten, was sie greifbar und dreidimensional macht. Und da sie dadurch auch viel über ihre Gefühle nachdenken und ehrlich zueinander sind, kann man das viel besser nachvollziehen als bei anderen Romanen, in denen die Protagonisten plötzlich beschließen, ineinander verliebt zu sein und ohneeinander nicht mehr zu können.

Die Tiefe der Charaktere war etwas, das mich sehr beeindruckt hat. Mit ausschweifenden Wörtern und detaillierten Beschreibungen schafft Kathi zwei äußerst realitätsnahe Charaktere, unter denen man sich wirklich jemanden vorstellen kann. Nicht die Geschichte formt sie, sondern sie formen die Geschichte und das ist etwas, das man in dieser Intensität nicht häufig liest.
Max und Elsie haben beide ihr düsteres Geheimnis, welches sie nur sehr zögerlich bereit sind, zu offenbaren und welches sie maßgeblich in ihrem Verhalten formt. Das Wissen, um diese Geheimnisse, beziehungsweise die Andeutungen, die die Autorin geschickt einfließen lässt, lassen die Handlungen nachvollziehbar werden.
Und nicht nur die Hauptcharaktere beeindrucken durch ihre Authentizität, nein, auch die Nebencharaktere sind so strahlend und echt, wie sie sein sollten, ohne dabei unseren beiden Protagonisten die Show zu stehlen.

Ebenso geschickt, wie sie Sympathie zu den Charakteren aufbaut, webt die Autorin das Drama in die Geschichte ein, ohne dass es zu aufgesetzt wirkt.
Von den Gefühlsverwirrungen der Charaktere über eine nervende „Aufpasserin“, dass die beiden keine schmutzigen Dinge anstellen bis hin zu einer Schwangerschaft, die Max in die Schuhe geschoben wird und eines sehr wütenden Vaters (Elsies Vater ist hier gemeint) ist vieles dabei, womit unsere beiden Protagonisten zu kämpfen haben.
Dabei wirkt die Geschichte jedoch in keinster Weise wie ein Sportturnier, bei dem man möglichst schnell durch alle Aufgaben kommen muss. Sie plätschert sanft, aber bestimmt vor sich hin und gipfelt in einem wundervollen Happy End.

Der Abschluss des Buches ist so grandios und passend, wie der Anfang und der Mittelteil. Er ist rund, in sich schlüssig und wenn man das Buch zuschlägt, kann man sich kein anderes Ende mehr vorstellen.
Ich muss zugeben, auf den letzten Seiten hatte ich wirklich Angst, wie es mit Max und Elsie ausgehen mag. Die Hürden schienen beinahe unüberwindbar zu sein und dennoch liegen sie sich am Ende in den Armen und werden, wie könnte es anders auch sein, heiraten. Nicht unwesentlich trägt Elsies charakterliche Entwicklung dazu bei, dass sie und Max ein Happy End bekommen, was den Abschluss nicht künstlich, sondern logisch erscheinen lässt.

Insgesamt muss ich ehrlich sagen, dass mich dieses Buch nachhaltig beeindruckt hat, sowohl in seiner stilistischen Art, sowie den tiefsinnigen Charakteren und der schönen Storyline. Es lohnt sich definitiv zu lesen, vor allem, wenn man Jane Austen-Romane mag. Denn so manches Mal kam ich mir so vor, als wäre ich in einem solchen gelandet.
Und selbst, wenn man sich nicht so ganz in dieses Genre traut oder es nicht mag, bin ich sicher, dass dieses Buch überzeugen wird. Nicht nur wegen der fantastischen Art, die Geschichte zu erzählen, sondern hauptsächlich wegen der Charaktere und der wundervollen Liebesgeschichte, die sich hinter dem zauberhaften Cover verbirgt.

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