Allgemeines
Titel: Clicks
Verlag: Selfpublishing
Autor*in: Christin Thomas
Meine Genre-Einordnung: Near Future Science-Fiction
Seitenzahl: 468 Seiten
Kapitel: Keine numerische Kapitelzählung
Perspektive: Ich-Perspektive aus Sicht von Josh
ISBN: 9783969667224
Preis: 13,99 € (Taschenbuch)
Allgemeine Meinung
Liebling
Dankeschön an Christin Thomas, die mir dieses Exemplar zur Verfügung gestellt hat.
Rezension
Achtung, diese Rezension enthält Spoiler!
Triggerwarnung aus dem Buch: häusliche Gewalt, Selbstmord, Drogen- und Alkoholmissbrauch, weitere Suchtprobleme
Ich empfehle euch wirklich, wenn das starke Trigger für euch sind, das Buch mit Bedacht zu lesen.
Wo fange ich bloß an? Dieses Buch ist ein Beweis dafür, dass Selfpublisher Autor*innen oft unterschätzt werden. Es hat mich emotional so sehr mitgenommen, dass ich sogar geweint habe. Zwischendurch hatte ich so Herzrasen, habe unglaublich mitgefiebert und das Gefühl, von dem Buch in einen richtigen Strudel gezogen zu werden. Das habe ich wirklich bis jetzt nur ganz wenige Male gehabt, dass ein Buch mich derart tief berührt hat. Und ich habe so gut wie noch nie bei einem Buch geweint. Doch „Clicks“, ja „Clicks“ hat es geschafft, mich zu zerreißen und wie ein Häufchen Elend auf dem Boden liegen zu lassen. Und das ist an dieser Stelle ein riesiges Kompliment an die Autorin.
Mit ihrem beeindruckendem Schreibstil und der unglaublichen Nähe zur Realität erweckt Christin ihre Figuren und die Geschichte zum Leben. Sie malt ein so realitätsgetreues Bild, dass man nicht nur einmal eine Gänsehaut bekommt. Denn genau so könnte es sich zutragen oder trägt es sich sogar auch zu.
Worum geht es in „Clicks“ also? Was erwartet dich, werter Leser, wenn du die ersten Seiten dieses Meisterwerkes aufschlägst?
Wir begleiten die Brüder Lio und Josh dabei, wie sie auf der neuen Social Media Plattform „Clicks“ groß werden. Die Followerzahlen steigen stetig und bald sind die beiden Brüder weltweit bekannt, ziehen große Aufträge an Land und verdienen einen Haufen Kohle. Doch dieses Leben bringt auch Schattenseiten mit sich.
Und diese Schattenseiten beschreibt die Autorin so eindringlich, dass man zwischenzeitlich gar nicht denkt, man befindet sich in einer Geschichte, sondern eher in einem Paralleluniversum.
Josh hatte ursprünglich die Idee, sich und seinen Bruder auf dieser Plattform anzumelden. Lio, sein Bruder, wollte eigentlich gar nicht mitmachen. Doch schließlich lässt er sich doch überreden und die beiden rufen den Account Limitless ins Leben. Weil die Plattform relativ neu ist und Josh und Lio scheinbar die Zuschauer ansprechen, wachsen sie schnell.
Sie holen sich mehr oder weniger versehentlich einen weiteren Jungen ins Bott, Logan, der am Anfang eigentlich gar nicht gut auf Josh zu sprechen ist. Im Laufe des Buches werden die drei jedoch enge Freunde. Es hat mich so beeindruckt, zu sehen, wie sich die Beziehung zwischen den dreien entwickelt hat und Logan bald ein wesentlicher Bestandteil von Limitless wird. Er kümmert sich um die Planung des Accounts und steht selbst nicht im Rampenlicht.
Während Josh und Lio am Anfang also guter Dinge sind, merkt man immer mehr, dass sie mit steigender Followerzahl auch an die Grenzen ihrer Kraft kommen. Eines führt zum anderen und plötzlich sind sie in einem gefährlichen Strudel gefangen, aus dem sie bis zum Ende nicht mehr wirklich herauskommen.
Mich hat dieses Buch auf mehreren Ebenen einfach unglaublich beeindruckt. Zum einen auf stilistischer Ebene. Christin malt mit ihren Wörtern eindringliche Bilder, die sich in den Kopf brennen und einen nicht mehr loslassen. Durch die gewählte Perspektive fühlt man sich, als würde man selbst die Hauptfigur sein, so gut kann man sich in Josh hineinversetzen. Seine Gedanken sind so nachvollziehbar, als würde eine echte Person vor einem stehen. Auch die Handlungen der anderen kann man unglaublich gut verstehen. Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Nicht nur Josh und Lio, die aus ärmlicheren Verhältnissen kommen und deren Vater ein Säufer ist, von dem die Mutter nicht loskommt. Auch Logan, der in Joshs Augen eigentlich immer ein reicher Schnösel war, hat mit seinem Leben zu kämpfen. Denn seine Mutter ist todkrank. Und als sie stirbt, ist Josh für ihn da, auch wenn er selbst nicht so recht weiß, wie er damit umgehen soll, was das alles mit seinem Freund bewirkt.
All diese Dinge machen die Charaktere zu unglaublich dreidimensionalen Figuren. Auch die Dynamik unter den Figuren ist beeindruckend real dargestellt. Josh, der langsam aber sicher seine Freundin verliert, Lio, der sein Herz verliert und Logan, der in Josh und Lio echte Freunde findet. Natürlich zoffen sie sich auch und das nicht zu knapp. Dennoch merkt man, dass sie sich lieben.
Damit wären wir beim zweiten Punkt, der mich beeindruckt hat. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen, Christin hätte das Leben realer Menschen geschrieben und nicht das fiktiver Figuren. Obwohl alles genau so auch im echten Leben passiert.
Die Autorin zeigt deutlich, dass Social Media ein schwarzer Schlund ist und dass man, wenn man nicht aufpasst, hineinstürzt und endlos in die Tiefe fällt, ohne einen Halt, der einen wieder an die Oberfläche zurückholt. Und dass es sehr schnell passieren kann, dass man an der Kreuzung falsch abbiegt, nicht so genau aufpasst und plötzlich einfach in diesen Schlund fällt, ohne es zu merken. Und wenn man es merkt, ist es zu spät.
Womit wir schon zur Geschichte und der Idee dahinter kommen. Da ich Christin auf Instagram (@cthomasautorin) schon länger folge, weiß ich, wie viel Recherche sie betrieben hat. Wahrscheinlich noch viel mehr, als auf Instagram gezeigt wurde. Und ich finde, das spürt man. Um Joshs und Lios Geschichte so toll zu schreiben, hat sie sich unglaublich viel mit dem Thema Social Media auseinandergesetzt. Und das schlimme ist, dass es so real ist. Joshs und Lios Geschichte könnte genau so passieren. Ich hatte nicht bloß einmal Gänsehaut. Habe nicht bloß einmal um die beiden gebangt und teilweise selbst nicht einmal mitbekommen, wie sie langsam in den Strudel stürzen. Die Ernsthaftigkeit, die hinter dieser Geschichte steckt, ist gut eingefangen worden. Mit Social Media ist nicht zu spaßen, vor allem, wenn man immer größer wird. Wenn es anfängt, dir über den Kopf zu wachsen und du trotzdem weitermachen willst. Man möchte ja seine Follower nicht enttäuschen. Man hat ein Gesicht zu verlieren. Man möchte immer mehr, immer höher hinaus, immer mehr Follower sammeln. Dabei steckt man immer mehr Zeit in den Account, muss sich mit Neid und Hass auseinandersetzen. Denn nicht jeder gönnt dir deinen Erfolg. Und man kann sehr schnell daran zerbrechen.
Natürlich muss es nicht immer so sein. Dennoch sollte man nie außer Acht lassen, welche Gefahr von Social Media, beziehungsweise den Menschen, die dort unterwegs sind, ausgehen kann. Denn die Plattform ist einfach eine Plattform. Im Endeffekt sind es die Menschen, die diesen Ort hässlich oder schön machen. Die ihn formen. Die einen entweder feiern oder fertig machen.
Ich kann euch nur raten: Lest dieses Buch. Nehmt es euch zu Herzen. Lasst euch von Josh, Lio und Logan entführen. Und vor allem solltet ihr Social Media ernst nehmen. Wir sind diejenigen, die diese Plattformen nutzen und deren Inhalte bestimmen. Lasst uns das nutzen und versuchen, weniger Hass zu verbreiten. Statt einen blöden Kommentar zu schreiben, kann man auch einfach gar nichts schreiben. Drohungen sind im Internet übrigens genauso strafbar, wie im realen Leben. Ein Punkt, den viele vergessen. Denn durch die Anonymität fühlt man sich sicher. Man kann sich verstecken.
Bitte nehmt dieses Thema nicht auf die leichte Schulter. Denn die Augen zu verschließen bringt genauso wenig etwas. Hass kann laut sein. Doch Liebe ist stärker.