Allgemeines
Titel: Das Korsett
Verlag: Festa
Autor*in: Laura Purcell
Meine Genre-Einordnung: Thriller, Horror, viktorianisch
Seitenzahl: 528 Seiten
Perspektive: Ich-Erzähler, zwei Perspektiven
ISBN: 978-3-86552-940-4
Preis: 22,99 €
Allgemeine Meinung
Herzensbuch
Danke an den Festa Verlag für dieses Rezensionsexemplar!
Rezension
Klappentext:
Als ihre gemeinnützige Arbeit Dorothea Truelove zum Oakgate-Gefängnis führt, freut sie sich über die Gelegenheit, die Theorie der Phrenologie zu erforschen. Kann die Form des Schädels eines Menschen ein Licht auf seine dunkelsten Wesenszüge werfen?
Doch als Dorothea die junge Schneiderin Ruth Butterham trifft, stellt sie sich ganz andere Fragen: Ist es möglich, mit Nadel und Faden zu töten? Denn Ruth schreibt ihre Verbrechen einer übernatürlichen Kraft zu, die ihren Stichen innewohnt.
Die Geschichte, die sie über ihre tödlichen Kreationen zu erzählen hat – von Bitterkeit und Verrat, von Tod und Kleidern – wird Dorotheas Glauben an die Wissenschaft erschüttern. Ist Ruth verrückt? Nur ein Opfer? Oder eine eiskalte Mörderin?
–
Ja, was soll ich sagen. Das zweite Buch dieser großartigen Autorin und wieder habe ich es verschlungen. „Das Korsett“ ist ein so starker wie grausamer Roman, jedoch ungemein faszinierend. Mal abgesehen von dem sagenhaften Schreibstil, den die Autorin hier wieder verfolgt, besticht auch die Geschichte durch einen gut durchdachten Plot und tiefgründige Charaktere, deren Motive allesamt nahbar sind, wenn auch nicht immer verständlich.
Immer wieder während dem Lesen hat mich beeindruckt, wie gut Laura Purcell das viktorianische Zeitalter einfängt (aus meiner laienhaften Sicht gesprochen), wie eindrucksvoll sie die damaligen Zustände beschreiben kann.
Auch unsere Hauptprotagonistinnen sind beide Unikate, jede auf ihre eigene Weise verschroben und doch auf interessante Art sehr liebenswürdig.
Während wir die Geschichte durch zwei sehr nah beieinander liegende Zeitebenen und vier Paar Augen verfolgen können, bekommen wir immer mehr brisante Details zu sehen, die den Fortlauf der Geschichte vorantreiben.
Ruth tat mir besonders leid, die Hölle, die sie durchmachen muss, ist grausam und wird sie für immer verändern. Im Laufe der Geschichte sieht man, wie sie sich von einem kleinen unschuldigen Mädchen in etwas verwandelt, das zwischen all der Unsicherheit trotzdem unbarmherzigen Hass empfinden kann. Ihre kindliche Art wurde sehr gut eingefangen, nicht nur am Anfang des Romans, auch gegen Ende merkt man zwischendurch immer wieder, dass sie doch nur ein Kind ist, das nie genug geliebt wurde und ziemliches Pech hatte, nachdem was mit ihrer Familie passiert ist.
Dorothea hingegen ist eine ihrer Ansicht nach starke Frau, die zu ihrer Meinung steht und dennoch gezwungen ist in einer Gesellschaft zu leben, in der Frauen nicht mehr Wert sind als die nächste Hochzeit mit einem reichen Mann. Sie lässt dies jedoch nicht so einfach mit sich machen, schafft es trotz aller Hindernisse, sich doch irgendwie gegen dieses Konstrukt der Gesellschaft aufzulehnen und als sie auf die junge Ruth trifft, verändert das ihr Leben auf eine Weise, die sie sich nicht hätte vorstellen können. Auch Dorothea macht eine interessante Charakterentwicklung durch. Zwischenzeitlich habe ich mich zwar mehr für Ruths Perspektive interessiert, das lag jedoch daran, dass ich Dorothea an einigen Stellen doch als recht nervig empfunden habe. Dennoch finde ich ihre Persönlichkeit sehr gut ausgearbeitet und dies soll absolut kein Kritikpunkt sein sondern ist mein persönlicher Geschmack. Um die Zusammenhänge der Geschichte zu verstehen, hat es dann doch immer wieder Spaß gemacht, auch durch Dorotheas Augen blicken zu können.
Auch der Horror, den Ruht durchmachen muss, wird sehr gut eingefangen, ich konnte mich in das kleine Mädchen so gut hineinversetzen, dass es an manchen Stellen schon fast gruselig wurde. Hier sieht man gut, dass Horror oftmals in der eigenen Einbildung entstehen kann und nicht immer zwangsläufig mit etwas Übernatürlichem zu tun haben muss. Zudem fand ich es sehr spannend, dass dem Leser selbst überlassen blieb, einen Hauch Übernatürliches hineinzuinterpretieren oder das Geschehene aus Ruths kaputter Psyche zu betrachten.
Laura Purcell hat sich mit ihren Geschichten einen Platz in meinen Top Lieblingsautorinnen erschrieben. „Das Korsett“ war ebenso spannend wie ihr erster Roman und ich blicke mit Freude in die Zukunft, denn wie ich gesehen habe, kommt bald der nächste Roman heraus!